Vorgestern habe ich über das Cynefin-Modell berichtet und darüber, wie man über die Analyse der Ursache-Wirkungs-Beziehung zum richtigen Lösungsansatz kommt.

Häufig stellen sich Unternehmen, Projektleiter und Mitarbeiter in Zeiten in denen alles agil zu sein scheint die Frage, wann agiles und wann klassisches Vorgehen sinnvoll ist? Und hat das klassische (also z. B. das Wasserfall- oder V-Modell) überhaupt noch seine Berechtigung?

Die einfache Antwort darauf ist: Wenn die optimale Lösung für das Problem und der Weg dorthin bekannt sind, dann ist das klassische Vorgehen das Richtige. Ist eines von beiden oder beides noch nicht bekannt, empfiehlt sich eine agile Vorgehensweise.

Ein kleines Beispiel kann das verdeutlichen:
Um ein Auto in Serienproduktion zu fertigen ist eine agile Vorgehensweise unangebracht. Es ist klar wie das Auto aussehen soll und welche Ausstattungsmerkmale es haben soll. Auch der Weg für den optimalen Durchlauf durch die Produktion ist bekannt.

Möchte man hingegen ein komplett neues Auto entwerfen, dessen Eigenschaften, Ausstattung oder Design noch völlig offen ist, sind agile Methoden sinnvoller.

Besonders einprägsam finde ich diesen Zusammenhang in der von Ralph D. Stacey entwickelten und nach ihm benannten Stacey-Matrix.

Die horizontale Achse bildet dabei das „Wie“ ab, also die Frage bezüglich des richtigen Lösungswegs. Die vertikale Achse bildet das „Was“ ab, also die Frage nach den Anforderungen welche die Lösung erfüllen soll.

Demnach können bei einem zu lösenden Problem sowohl das Was als auch das Wie bekannt oder unbekannt sein. Aus den verschiedenen Kombinationen ergeben sich die verschiedenen Bereiche der Stacey-Matrix die als „einfach“, „kompliziert“, „komplex“ und „chaotisch“ bezeichnet werden.

Verbindet man nun beide Modelle, ergeben sich aus den Bereichen der Stacey-Matrix auch die Handlungsstrategien nach Cynefin.

 

Einfach

Hier sind sowohl die Anforderungen an die Lösung als auch der optimale Lösungsweg bekannt. Hier lässt sich der Verlauf durch gute Planung vorhersagen und ein phasenorientiertes Vorgehen (z. B. Wasserfall) ist hier nach wie vor der beste Ansatz.  
Oder nach Cynefin: Erkennen – Kategorisieren – Reagieren

 

Kompliziert

Hier sind die Anforderungen und/oder der Lösungsweg noch nicht bekannt, lassen sich aber durch Hinzuziehung von Experten und etwas Vorarbeit erarbeiten. Eine Vorstudie, die dem phasenorientierten Projekt vorgeschaltet wird, kann die notwendige Klarheit bringen.

Oder nach Cynefin: Erkennen – Analysieren – Reagieren

 

Komplex

In diesem Bereich sind die Anforderungen und der Lösungsweg unbekannt und es liegt auch bei Experten nur wenig Erfahrungswissen vor, dass herangezogen werden kann. Hier eignen sich agile Methoden am besten, um sich in kleinen Zyklen mit direktem Feedback über einen iterativen, kreativen Ansatz dem Problem zu nähern.

Um sich dabei dem Was zu nähern, also der Frage der Anforderungen oder Eigenschaften, die eine neue Lösung oder ein neues Produkt haben soll, eignen sich agile Kreativitätsmethoden wie das Design Thinking sehr gut.

Ist man statt dessen auf der Suche nach dem optimalen Wie, also dem optimalen Weg der Realisierung, führen agile Projekt- bzw. Entwicklungsmethoden wie Scrum zu den besten Ergebnissen.

Oder nach Cynefin: Experimentieren – Erkennen – Reagieren

 

Chaotisch

Was aber wenn man sich im Bereich des Chaos wiederfindet?

Dieser Bereich wird im Englischen gerne mit „No Hope“ oder „Doomed“ assoziiert, aber auch hier funktionieren die agilen Methoden häufig ebenfalls. Sie werden aber in der Regel in kürzeren, ergebnisoffenen Sessions im Rahmen von Innovationlabs genutzt, um zunächst den Möglichkeitenraum so weit auszuloten, dass es dadurch möglich wird, sich in beiden Achsen nach Innen zu bewegen, um vom Chaos ins komplexe Umfeld zu gelangen.

Oder nach Cynefin: Agieren – Erkennen – Reagieren

Stacey-Matrix Quelle: novatec-gmbh.de, nach Stacey 1996